Neue Rechtsform

Mit der „Gesellschaft mit gebundenem Vermögen soll eine eigene, unternehmerische Rechtsform geschaffen werden, die es Unternehmer:innen  ermöglicht, eine rechtsverbindliche Vermögensbindung in ihren Unternehmen zu verankern. Richtig ausgestaltet kann sie für mittelständische Unternehmen und Start-ups eine echte Alternative bieten und eine Antwort auf Herausforderungen der heutigen Zeit darstellen, wie z. B. die Nachfolgeproblematik im Mittelstand.

Der Bedarf

Der Mittelstand braucht mehr Optionen, damit Unternehmen ihre Nachfolge individuell passend gestalten können und um die Eigentümerposition für Menschen unabhängig der genetischen Familie zu öffnen.

Start-ups einer neuen Generation streben keinen Exit an, sondern wollen langfristig agierende mittelständische Unternehmen aufbauen. Dafür benötigen sie den passenden rechtlichen Rahmen.

Sozialunternehmen brauchen die Möglichkeit, gewerblich zu wirtschaften und dabei sicherzustellen, dass Unternehmensvermögen und Gewinne dem Unternehmenszweck dienen.


Wichtige Meilensteine

Die Umsetzung

Übersicht über die #neuerechtsform

 

Die Gesellschaft mit gebundenem Vermögen (GmgV) soll Unternehmer:innen auf rechtssichere und praktikable Weise ermöglichen, ihr Unternehmen so aufzustellen, dass (1) die erwirtschafteten Gewinne und Werte langfristig der nachhaltigen Entwicklung des Unternehmens dienen, und (2) die mit Stimmrechten verknüpfte Eigentümerposition innerhalb einer „Fähigkeiten- und Wertefamilie“ an mit dem Unternehmen verbundene Personen mitgliedschaftsähnlich weitergegeben werden kann – unabhängig von familiären Verhältnissen und Kaufkraft. Diese Attribute müssen auch im Rechtsverkehr glaubhaft signalisiert werden können.

 

Grundsätzlich gilt:

  1. Die 100-prozentige Vermögensbindung ist zentrales Strukturelement der neuen Rechtsform. Gewinne und Unternehmensvermögen sollen weder direkt noch verdeckt an Gesellschafter:innen ausgeschüttet oder von ihnen entnommen werden können. Vermögensbindung heißt in diesem Fall, dass Unternehmensvermögen und Gewinne frei und unternehmerisch verwendet werden können, jedoch nicht von Privatpersonen versilbert werden können, auch nicht im Falle der Liquidation des Unternehmens.
  2. Umgehungen der Vermögensbindung müssen durch geeignete Governance-Strukturen und externe Kontrollmechanismen vorgebeugt werden.
  3. Die Rechtsform muss weiter finanzierbar sein, ohne dass dabei die Vermögensbindung umgangen wird. Hier kommen z.B. (eigenkapitalähnliche) schuldrechtliche Finanzierungsinstrumente in Frage.
  4. Der Zugang zur Eigentümerposition soll unabhängig von genetischer Verwandtschaft (Vererbung) oder Finanzkraft (meistbietender Erwerb) möglich werden.
  5. Die Rechtsform soll keine Steuerprivilegien mit sich bringen.
  6. Die Rechtsform soll für verschiedene, flexibel anpassbare Unternehmenszwecke offenstehen, sodass sie für vielfältige Unternehmen nutzbar ist.

Der Bedarf nach einer neuen Rechtsform sowie die konkrete Ausgestaltung werden bereits seit Juli 2020 in der Öffentlichkeit diskutiert. Dabei wurden viele Fragen aufgeworfen und Informationen ausgetauscht. Hier finden Sie eine Zusammenstellung von Materialien und Antworten auf die häufigsten Fragen.


Eckpunktepapier

 

Die Stiftung Verantwortungseigentum hat auf Basis von Expertengesprächen mit Wissenschaftler:innen und Unternehmer:innen ein Eckpunktepapier entworfen, welches die Kernelemente zusammenfasst, die eine eigene Rechtsform mindestens erhalten sollte, um den Anforderungen der unternehmerischen Praxis gerecht zu werden.


Rechtsformentwurf

 

Die Debatte darüber, wie eine eigene Rechtsform ausgestaltet werden müsste, wird bereits seit Juli 2020 geführt. Eine unabhängige Gruppe von Rechtsprofessor:innen bestehend aus Prof. Dr. Anne Sanders, Prof. Dr. Barbara Dauner-Lieb, Prof. Dr. Florian Möslein, Prof. Dr. Rüdiger Veil, mit steuerrechtlciher Expertise von Prof. Dr. Simon Kempny und Dr. Arne von Freeden, legte einen ersten Entwurf vor, wie der unternehmerische und rechtliche Bedarf als GmbH-Variante ausgestaltet werden könnte.

Auf Basis des fortschreitenden rechtswissenschaftlichen Diskurses und aufgebrachten Fragen wurde dieser als 'Entwurf einer GmbH mit gebundenem Vermögen' im Februar 2021 nochmals nachgeschärft. In diesem Zuge verwiesen die Rechtsprofessor:innen darauf, dass der unternehmerische Bedarf noch passender und rechtssicherer in einer eigenständigen Rechtsform umgesetzt werden könnten. Insbesondere sei eine Aufsicht der Vermögensbindung durch einen externen Prüfverband eine sinnvolle Ausgestaltungsmöglichkeit, die sich jedoch nicht friktionslos ins GmbH-Recht einfügen ließe und eine eigene Rechtsform erforderlich mache.


Mehr Details und Informationen

1. Was ist „Verantwortungseigentum“ oder „treuhändisches Eigentum“?

 

Der Begriff Verantwortungseigentum, oder weniger missverständlich „treuhändisches Eigentum“, beschreibt die besondere Eigentumsqualität von selbstständigen Unternehmen mit Vermögensbindung: im Eigentum Einzelner steht in erster Linie die unternehmerische Verantwortung und Gestaltungsmacht.

 

Diese Eigentumsstruktur wird von großen Unternehmen wie Bosch oder Zeiss schon seit Jahrzehnten vorgelebt wird. Dabei werden die folgenden zwei Prinzipien durch die Rechtsgestalt sichergestellt:

  • Selbstständigkeit: Die Mehrheit der Stimmrechte, also die Kontrolle über das Unternehmen, wird treuhändisch von Menschen gehalten, die mit dem Unternehmen verbunden sind und die Werte des Unternehmens im Sinne seiner langfristigen Entwicklung tragen – innerhalb einer Werte- und Fähigkeitenfamilie. Die Eigentümer:innen tragen damit die unternehmerische Verantwortung für das Handeln, die Werte und das Vermächtnis des Unternehmens. Es gibt keine automatische Vererbung von Stimmrechten und die Kontrolle über das Unternehmen kann nicht als Spekulationsgut verkauft werden. So kann das Unternehmen langfristig selbstständig bleiben, in den Händen von „Brüdern und Schwestern im Geiste“ (Zitat: Annegret Kramp-Karrenbauer auf der Gründungsveranstaltung der Stiftung Verantwortungseigentum). Familienmitglieder können, müssen aber nicht die Nachfolge antreten.
  • Vermögensbindung: Eigentümer von Unternehmen mit treuhändischem Eigentum betrachten ihr Unternehmen nicht als ihr individuelles Vermögen, sondern als etwas, für das sie Treuhänder sind. Dies wird rechtlich verbindlich verankert. Das heißt, die Mehrheit der Gewinne und des Vermögens des Unternehmens werden für die Unternehmensentwicklung freigehalten – sie dienen dem Unternehmenszweck, werden reinvestiert, zurückgelegt, für risikoadäquate Finanzierung von Fremdkapital verwendet oder gemeinnützig gespendet. Das Unternehmen kann nicht von einer Generation der Gesellschafter für individuelle Zwecke monetarisiert werden.

Diese Unternehmenswerte – das Treuhänder-Denken und die Selbstständigkeit – werden von vielen Familienunternehmen seit Jahrzehnten vorgelebt. Wer aber keine Nachfolger:innen in der Familie hat, die diese Werte aus Tradition weitertragen können, möchte diese auch familienunabhängig langfristig verankern können. Hier ist eine neue eigene Rechtsform für Unternehmen mit treuhändischem Eigentumsverständnis notwendig, um diese Eigentumsform auch für kleinere und mittelständische Unternehmen zu öffnen.

 

Der Begriff Verantwortungseigentum soll hier bedeuten, dass nur das Eigentum an der Unternehmensverantwortung, den Stimmrechten und damit der Kontrolle und Gestaltung getragen wird, nicht aber am Unternehmensvermögen. Der Begriff wurde in der Vergangenheit kritisch diskutiert und hinsichtlich der damit erweckten Assoziationen in Frage gestellt. Jedoch konnte bisher kein treffender Begriff gefunden werden, der alle Qualitäten dieses Eigentumsprinzips zufriedenstellend abbildet. Weniger missverständlich, wenn auch nach dem juristischen Wortsinn nicht ganz treffend, wird untechnisch auch von "treuhändischen Eigentum" gesprochen.

2. Warum braucht es eine neue Rechtsform?

 

Verantwortungseigentum, oder treuhändisches Eigentum, wird heute durch verschiedene rechtliche Konstruktionen umgesetzt. Die bekanntesten davon sind Einzel- und Doppelstiftungsmodelle, wie sie etwa Bosch, Zeiss, Alnatura, Globus oder viele andere große Unternehmen umsetzen. Diese Modelle machen jedoch mehrstöckige Strukturen notwendig und sind gerade für kleine und mittelständische Unternehmen oder Startups nicht tragbar. Rechtliche Krücken wie das Veto-Anteils-Modell sind kompliziert, schwer kommunizierbar, mangeln an ausreichender Rechtssicherheit und sind in ihrer Umsetzung von externen Organisationen abhängig. Das deutsche Gesellschaftsrecht bietet keine adäquaten und unkomplizierten Möglichkeiten für junge und mittelständische Unternehmen, ihr alternatives Eigentumsverständnis rechtlich sicher abzubilden.

 

Eine neue entsprechende Rechtsform würde es Unternehmer:innen unabhängig von ihrer Größe und finanziellen Ausstattung ermöglichen, eine echte Vermögensbindung rechtssicher umzusetzen. Dies würde die Handlungsfreiheit vieler Unternehmen deutlich erhöhen und eine neue Option im Wettbewerb der Modelle bieten.

 

Die neue Rechtsform ...

  • gibt Unternehmern die Freiheit, ihre Unternehmen so aufzustellen, wie es zu ihrem Unternehmens- und Eigentumsverständnis passt
  • ermöglicht es nicht-Exit-orientierten Start-ups wie auch Mittelständlern ohne familieninterne Nachfolger:innen das „Treuhänder-Verständnis” der Familienunternehmen auch unabhängig entsprechender Familientraditionen zu versprechen, durch die Weitergabe in einer ‘virtuellen Familie’
  • stellt sicher, dass Gewinne und Vermögen langfristig der jeweiligen Aufgabe des Unternehmens dienen
  • reduziert Bürokratie und schafft Chancengleichheit für eine neue Gründergeneration, die nicht-Exit-orientierte Unternehmen aufbauen wollen
  • schafft eine weitere Alternative im Wettbewerb der Unternehmensmodelle und damit die Grundlage für eine vielfältige Unternehmerschaft
  • stärkt die Selbstständigkeit von Unternehmen, damit den Wettbewerb und so eine dezentrale Soziale Marktwirtschaft.

3. Neue Rechtsform: Für wen?

 

Die neue Rechtsform würde für viele Mittelständler, Start-ups und Sozialunternehmen eine echte Alternative im Wettbewerb der Rechtsform darstellen – und eine Antwort auf Herausforderungen in ihrer unternehmerischen Praxis, wie etwa die Nachfolgefrage, bieten. Sie würde ermöglichen, dass leichter zugänglich gemacht wird, was als treuhänderisches Unternehmertum von vielen Familienunternehmen vorgelebt und von Unternehmen wie Bosch oder Zeiss über komplexe und bürokratische Stiftungskonstruktionen auch Familien-unabhängig verfasst wird. So wäre eine rechtliche Umsetzung dieses Unternehmensverständnis auch für Start-ups sowie kleine und mittelständische Unternehmen frei zugänglich.

 

Der Bedarf nach einer neuen Rechtsform stammt nicht aus Theorie, sondern aus der unternehmerischen Praxis und Realität – viele Unternehmerinnen und Unternehmer setzen sich dafür ein.


Familienunternehmen: Immer mehr mittelständische Unternehmen finden keine Nachfolger:innen in der Familie, wollen aber die langfristige Selbstständigkeit und treuhänderische Weiterführung ihres Unternehmens sichern. Ein Verkauf, bspw. an institutionelle Investoren, der das Unternehmen finanziell belasten würde und die Fortführung im Sinne der eigenen unternehmerischen Werte gefährden könnte, kommt für die meisten nicht in Frage. Stattdessen suchen sie nach Möglichkeiten, das Unternehmen in einer „virtuellen“ Familie treuhänderisch weiterzugeben. Viele von ihnen haben zwar leistungsfähige Nachfolger:innen im Betrieb, diese können oder wollen sich jedoch nicht hoch verschulden, um einen Betrieb zu übernehmen. Viele Mittelständler wollen daher die Betriebe weitergeben, ohne auf einem hohen Kaufpreis zu bestehen. Im Gegenzug benötigen sie jedoch die Sicherheit, auch für die eigenen Kinder, dass die Nachfolger:innen den Betrieb in der Zukunft nicht versilbern, sondern den Betrieb treuhänderisch weiterführen, frei und unternehmerisch weiterentwickeln und weitergeben. Hier bietet die Rechtsform eine für viele Unternehmen passende Lösung, die den potenziellen Nachfolgerpool maßgeblich erweitern würde. So können sich laut einer IfD-Allensbach-Studie 42 Prozent der befragten Familienunternehmer vorstellen, treuhändische Eigentumsmodelle als Nachfolgelösung ihres Unternehmens vorstellen, 72 Prozent sprachen sich für die Einführung einer dafür passenden Rechtsform aus.

 

Start-ups: Zahlreiche Start-ups wollen heute versprechen: wir leben die Werte der Familienunternehmen auch ohne langjährige Familientraditionen. Wir verstehen uns als Treuhänder der Unternehmen, sind nicht auf den schnellen Exit aus, sondern wollen mit dem Unternehmen einen Zweck verfolgen und langfristig wirtschaftende mittelständische Unternehmen aufbauen. Start-up-Unternehmerinnen und Unternehmer wollen glaubhaft versprechen, dass das Unternehmen selbst oder die Daten der Nutzer kein Gegenstand von Spekulation sein werden. Eine wachsende Zahl an Start-up-Gründer:innen wünscht sich dafür ebenfalls eine passende Rechtsform.

 

Sozialunternehmen: Sozialunternehmen wollen mit ihrem Geschäftsmodell gesellschaftliche Herausforderungen lösen. Viele von ihnen wollen auch rechtlich verbindlich sicherstellen, dass ihre Gewinne und der Unternehmenswert ihrer jeweiligen Mission dienen und diese im Vordergrund des Unternehmens bleibt. Sie wünschen sich eine sichere gesellschaftsrechtliche Vermögensbindung, auch unabhängig von den rein steuerrechtlichen Regeln der Gemeinnützigkeit.

4. Was steht im Koalitionsvertrag zum Thema der Rechtsform?

 

Im Koalitionsvertrag von 2021 zwischen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der FDP (S.30) steht:

 

„Zu einer modernen Unternehmenskultur gehören auch neue Formen wie Sozialunternehmen, oder Gesellschaften mit gebundenem Vermögen. (...) Für Unternehmen mit gebundenem Vermögen wollen wir eine neue geeignete Rechtsgrundlage schaffen, die Steuersparkonstruktionen ausschließt. Hemmnisse beim Zugang zu Finanzierung und Förderung bauen wir ab.“

5. Wie müsste die eigene Rechtsform ausgestaltet werden?

 

Die Kernelemente, die die neue Rechtsform für ‘Gesellschaften mit gebundenem Vermögen’ (GmgV) auszeichnen müssten, wurden im Frühling 2023 von der Stiftung Verantwortungseigentum in einem Eckpunktepapier zusammengefasst.


Um dem unternehmerischen Bedarf aus Mittelstand, Sozialunternehmertum und Start-up-Welt gerecht zu werden, muss die Rechtsform rechtlich sicherstellen, dass Gewinne und Unternehmensvermögen langfristig der Unternehmensentwicklung und dessen Aufgabe dienen. Dies ermöglicht, dass das Unternehmen treuhänderisch an Nachfolger:innen auch unabhängig der genetischen Familie weitergegeben werden kann. Die Vermögensbindung als Kernelement der Rechtsform muss zum einen rechtssicher und zum anderen unternehmerisch praktikabel ausgestaltet werden.

 

Dafür sind die wichtigsten Punkte in der Ausgestaltung:

  • Unabänderliche Vermögensbindung: Gewinne sollen weder offen noch verdeckt an Gesellschafter:innen ausgeschüttet werden, stattdessen werden sie reinvestiert, zur Deckung von Kapitalkosten verwendet oder gemeinnützig gespendet. Auch das Unternehmensvermögen soll nicht von Gesellschafter:innen durch einen Verkauf liquidiert werden können. Eine Mitnahme der Wertsteigerung der Anteile ist ausgeschlossen, es gilt “naked in, naked out”.
  • Öffnung des Gesellschafterkreises unabhängig von Familienstand und genetischer Familie: Gesellschafter:innen in dieser Rechtsform halten Eigentum an Stimmrechten des Unternehmens, haben jedoch keine Vermögens- oder Gewinnbezugsrechte. Diese Eigentumsrechte sollen an Mitarbeitende oder andere dem Unternehmen nahestehende Menschen übergeben werden können, unabhängig von Verwandtschaftsgrad und finanziellen Verhältnissen.
  • Absicherung und Kontrolle der Vermögensbindung: Die Vermögensbindung muss als Kernelement der Rechtsform rechtssicher abgesichert und intern genauso wie extern kontrolliert werden. Eine Kombination aus Berichts- und Prüfungspflichten sowie einem externen Unternehmensaufsichtsverband, welcher die Vermögensbindung überprüfen und durchsetzen kann, bietet den Unternehmen und ihren Stakeholdern eine ausreichende Sicherheit.
  • Zweckfreiheit: Die Rechtsform sollte für Unternehmen mit allen denkbaren unternehmerischen Initiativen offenstehen. Hier sollte weder eine Festlegung stattfinden, noch eine Begrenzung der Nutzbarkeit der Rechtsform auf bestimmte Zwecke oder Betätigungsfelder.
  • Finanzierbarkeit und Kompensation: Die Gesellschaft mit gebundenem Vermögen muss so ausgestaltet werden, dass eine Finanzierung durch Investoren möglich ist und erbrachte Leistungen sowie eingegangene Risiken adäquat kompensiert werden können.
  • Kein Steuersparmodell: Die Gesellschaft mit gebundenem Vermögen muss steuerlich neutral behandelt werden.
  • Eigenständige Rechtsform: Um die neue Rechtsform so unternehmerisch passend und rechtssicher wie möglich zu gestalten, sollte eine eigenständige Rechtsform ‘Gesellschaft mit gebundenem Vermögen’ (GmgV) geschaffen werden. Dies würde für mehr Rechtssicherheit durch die erweiterten Möglichkeiten der Absicherung der Governance, einfache Umsetzbarkeit und Transparenz sorgen. Diese Möglichkeit wurde bereits im Entwurf einer GmbH-gebV einer unabhängigen Gruppe von Rechtswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern aufgeworfen.

Die Diskussion um die konkrete Ausgestaltung der Gesellschaft mit gebundenem Vermögen, die Abgrenzung zu anderen Rechtsmodellen für die Umsetzung von treuhänderischem Eigentum und anderen Rechtsformen wird in Öffentlichkeit und Wissenschaft seit 2020 geführt.

6. Die Finanzierung von Unternehmen mit gebundenem Vermögen

 

Durch die Gesellschaft mit gebundenem Vermögen wird die Unabhängigkeit und Vermögensbindung des Unternehmens verrechtlicht, daher haben sie gewisse Restriktionen bei der Kapitalbeschaffung. Die Mehrheit der Stimmrechte ist nicht mehr käuflich, Investoren können daher nicht die Kontrolle über das Unternehmen übernehmen. Trotzdem stehen diesen Unternehmen, auch im Start-up-Bereich, zahlreiche Wege der Finanzierung offen, bei denen Investoren risikoadäquate Renditen erhalten können. Insbesondere eigenkapitalähnliche schuldrechtliche Instrumente wie Nachrangdarlehen, stille Beteiligungen, Genussrechte u.v.m. spielen hier eine wichtige Rolle.

7. Warum wird die Umsetzung als eigenständige Rechtsform gefordert und nicht als GmbH-Variante?

 

Eine eigenständige Rechtsform mit gebundenem Vermögen könnte den unternehmerischen Bedürfnissen besser Rechnung tragen. Aspekte wie die rechtssichere Vermögensbindung, z.B. durchgesetzt über einen unabhängigen Aufsichtsverband, fügen sich rechtssystematisch nicht ins GmbH-Recht ein. Des weiteren würde eine Umsetzung als eigenständige Rechtsform viele der im Diskurs aufgebrachten Kritikpunkte lösen und die spezielle Natur der Gesellschaft mit gebundenem Vermögen in Abgrenzung zu anderen Rechtsform klar kennzeichnen.

8. Sollen Unternehmen in der neuen Rechtsform durch steuerliche oder anderweitige Vorteile oder staatliche Förderung besonders privilegiert werden?

 

Nein. Die neue Rechtsform soll lediglich eine neue Rechtsoption im Wettbewerb der Modelle darstellen, eine Privilegierung aufgrund der Nutzung der Rechtsform ist von Unternehmerinnen und Unternehmern sowie Verbänden nicht gewünscht.